Was auch heute in vielen Fällen noch zu kurz kommt, ist die Barrierefreiheit. Ob im städtischen Umfeld, bei Websites oder in der Nutzung alltäglicher Gegenstände: Barrieren sind oft unsichtbar für jene, die nicht betroffen sind. Für viele Menschen stellen sie jedoch tagtäglich Hindernisse dar. In einem Zeitalter, in dem Inklusion und Diversität zentrale gesellschaftliche Werte sind, ist längst überfällig: Auch Design muss zugänglicher und verantwortungsvoller werden.

Verantwortung im Design: Zukunft gestalten
Design umgibt uns tagtäglich und trägt dazu bei, Realität(en) und verantwortungsvolle Zukünfte zu entwerfen. Ob in Produkten, öffentlichen Räumen, digitalen Plattformen oder Dienstleistungen. Es beeinflusst, wie wir Dinge sehen, erleben und verstehen. Gleichzeitig werden diskriminierende Strukturen in diesen Prozessen immer wieder reproduziert, weswegen Veränderungen und Umstrukturierungen im Designprozess stärker denn je gefordert sind.
Unsichtbare Barrieren im Design
Verantwortung im Design zu übernehmen, bedeutet weitaus mehr als lesbare Schriftarten zu benutzen. Es umfasst viele Aspekte, die oft übersehen werden, aber für bestimmte Nutzer*innengruppen entscheidend sind. So sind zum Beispiel im digitalen Bereichviele Websites, Onlineshops oder Apps nicht barrierefrei gestaltet. Fehlende Bildbeschreibungen, unklare Navigationsstrukturen und unzureichende Kontraste machen es Menschen mit Sehbehinderungen oder kognitiven Einschränkungen schwer, digitale Inhalte zu nutzen. Auch audiovisuelle Inhalte ohne Untertitel oder Gebärdendolmetschung erschweren den Zugang für gehörlose Menschen.
Es sind solche (und noch mehr) unsichtbaren Barrieren, die im Design oft übersehen werden – und die dringend aufgebrochen werden müssen. Hier kommt die Verantwortung ins Spiel, die nicht nur die Designer*innen, sondern vor allem Unternehmen und Auftraggeber*innentragen, um eine inklusivere Gesellschaft zu schaffen.
Natürlich finden sich Barrieren nicht nur im digitalen Bereich. Verantwortung im Design umfasst weitaus mehr als nur die Gestaltung von (digitalen) Produkten. Aus gegebenem Anlass möchten wir uns hier nun auf dieses Thema fokussieren und eben dort ansetzen, wo wir zunächst den besten Beitrag leisten können.

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz
Verantwortung im Design geht weit über die Arbeit von Designer*innen hinaus. Vor allem Unternehmen, Hochschulen, Institutionen und die Politik sind in der Pflicht, Barrierefreiheit und Inklusion noch stärker in den Fokus zu rücken. In Zeiten, in denen Barrierefreiheit nicht nur moralisch geboten, sondern auch gesetzlich gefordert ist, wird diese Verantwortung noch deutlicher: Mit dem Barrierefreiheitsstärkungsgesetz, das im Juni 2025 in Kraft tritt, werden klare Vorgaben für barrierefreie Gestaltung gemacht, die Unternehmen und Dienstleister*innen in die Pflicht nehmen.
Diese Gesetzesänderung betrifft u. a. Bereiche wie E-Commerce, Telekommunikationsdienste und Selbstbedienungsterminals. Produkte und Dienstleistungen müssen für Menschen mit Behinderungen ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sein. Das Gesetz basiert auf der EU-Richtlinie 2019/882, die auf eine Harmonisierung der Barrierefreiheitsanforderungen innerhalb der EU abzielt. Weitere Infos dazu gibt es hier.
Die Rolle der Kreativwirtschaft
Besonders in der Kreativwirtschaft, wo Innovation und neue Denkansätze großgeschrieben werden, spielt verantwortungsbewusstes Design eine Schlüsselrolle. Designer*innen haben die Möglichkeit, Barrieren zu erkennen und aufzulösen, bevor Produkte oder Dienstleistungen den Markt erreichen. Dies erfordert nicht nur gestalterisches Geschick, sondern auch ein tiefes Verständnis für die Bedürfnisse unterschiedlicher Nutzer*innengruppen. Für Designer*innen bedeutet das vor allen, dass ihre Arbeit nicht isoliert betrachtet werden kann. Sie ist Teil der Lebensrealität vieler Menschen und kann entscheidend für das Verständnis, die Erreichbarkeit und die Zugänglichkeit bestimmter Inhalte, Orte oder Wissen sein. Indem Designer*innen ihre Gestaltung an den Prinzipien der Barrierefreiheit ausrichten, tragen sie dazu bei, eine gerechtere Gesellschaft zu schaffen.
Unternehmen, die Expert*innen für Barrierefreiheit in ihre Kreativprozesse einbeziehen, können innovative Lösungen entwickeln, die nicht nur inklusiver sind, sondern auch wirtschaftliche Vorteile bringen. Denn barrierefreie Produkte und Dienstleistungen sprechen eine breitere Zielgruppe an und erhöhen die Reichweite von Marken. Unternehmen, die die Anforderungen nicht erfüllen, riskieren außerdem nicht nur rechtliche Konsequenzen, sondern auch den Verlust von Kund*innen, denen eine moralisch-ethische Unternehmensführung und ein starker Wertekompass zunehmend wichtiger werden.

Ein Blick in die Zukunft: „Unblock Design“
Das Thema Verantwortung im Design betrifft also viele Akteur*innen – von Designer*innen selbst über Unternehmen und Hochschulen bis hin zu politischen Entscheidungsträger*innen. Um diesen also eine Plattform für Austausch und gemeinsames Lernen zu bieten, möchten wir über den Verband der niedersächsischen Kultur- und Kreativwirtschaft (VNKK) einen Fachtag organisieren, der sich auf das Thema Verantwortung im Design fokussiert.
Der Fachtag soll Expert*innen aus verschiedenen Bereichen zusammenbringen. Ziel wäre es, gemeinsam neue Perspektiven zu entwickeln, Barrieren zu identifizieren, voneinander zu lernen und praktische Lösungen zu finden. Designer*innen, Unternehmen, Hochschulen und Studierende werden eingeladen, sich zu beteiligen und ihre Expertise einzubringen. In Workshops, Panels und einer interaktiven Ausstellung sollen Best-Practice-Beispiele präsentiert und neue Ansätze diskutiert werden. Der Fachtag soll dazu beitragen, das Bewusstsein für verantwortungsvolles Design zu schärfen und den Austausch zwischen den unterschiedlichen Akteur*innen zu fördern.
Wir möchten zeigen, dass Verantwortung im Design nicht nur eine gesetzliche Verpflichtung, sondern eine Chance für alle ist, die Zukunft mitzugestalten. Denn Design, das barrierefrei und inklusiv ist, bietet nicht nur Lösungen für die Herausforderungen von heute, sondern legt auch den Grundstein für eine gerechtere und nachhaltigere Zukunft.
Hinweis
Uns ist bewusst, dass Verantwortung im Design weit mehr Facetten umfasst als die hier behandelten Themen. Wir haben uns bewusst auf die Bereiche fokussiert, in denen wir aktuell am besten Veränderung anstoßen können. Unser Ziel ist es, mit dem Fachtag konkrete Ansätze zu entwickeln, Themen aufzuschlüsseln und sie klar verständlich zu machen, um so langfristig eine breitere Diskussion anzuregen und weiter zu denken. Veränderung beginnt im Kleinen.